„Siebeneichen“ von Stefan Jahnke




Kriminalroman
Paperback,
308 Seiten
Books on Demand, Norderstedt
Juni 2010
ISBN 978-3-8391-8694-7


Frühjahr 2010. Der Journalist Mario von Lehndorff wird in Sachsen vermisst. Urlaub und Machtgeplänkel verhindern den schnellen Ermittlungsstart, doch schließlich hat Hauptkommissar Zech, nun auch Polizeichef von Dresden, den Fall auf dem Tisch und jede Menge Ärger. Nicht nur wegen der vorzeitigen Rückreise seiner Familie von Kreta. Erste Ergebnisse führen die Beamten nach Siebeneichen, einem durch viele Sagen und ein auf den Mauern des ehemaligen Vorwerks des Klosters ‚Heilig Kreuz' errichtetes Schloss bekannter Vorort von Meißen an der Elbe. Verworren gestaltet sich die Suche, weit gefächert scheinen der mögliche Täterkreis und dessen Motive. Plötzlich können sowohl Ereignisse rund um den Bau des alten Schlossturmes im 16. Jh. wie auch aktuelle Wirtschaftskrise, Vertuschung eines groß angelegten Bilderraubes kurz nach dem letzten Krieg, Namensschwindel wie auch Schwarzgelder auf den Caymaninseln Grund für ungelöste Morde rund um den ‚Turm der Vergessenen' in Vergangenheit und Gegenwart sein. Ein spannender Fall mit überraschenden Wendungen. Ein typischer ‚Zech'.



Leseprobe

Ermittlungen - Schachtfunde

...

„Wo ist dieser Schacht?“
Der Kollege zeigt nach rechts. Gleich neben der Kapelle. „Wir kommen nicht ran…!“
Ich traue meinen Augen nicht. Noch viel weniger meinen Ohren. Da steht doch ein Tieflader. Direkt dort, wo der Schacht sein soll.
„Kann denn das…“
Ich bin außer mir. „Wo ist der Fahrer?“ Achselzucken.
Ich danke. Das ist doch alles nicht wahr, oder? Erst tagelange Verzögerung. Gut, da war ich auf Kreta. Aber ein wenig… Wehner… wenn ich heute einen Rapport gebe, dann doch eher in meinem Büro. Ich will ihm nicht zumuten, dass ich ihn in seinem eigenen dermaßen runterputze. Und außerdem…
Vertreterregel? Ja, ich bin der Chef. Und vor meinem Urlaub habe ich Max als meinen Vertreter eingesetzt. Gut, das passt alles recht ordentlich. Nur eben, dass er nun nicht… Ach was. Ich sollte mich nicht…
„Treiben Sie den Kerl auf. Und wenn er nicht zu finden ist, dann holen Sie den ADAC und lassen das Ding da wegschleppen. Vielleicht gibt es auch ein, zwei Traktoren in der Umgebung!“
Ich bin sauer. Nichts klappt. Am liebsten würde ich Sonja herzitieren. Na, und Friedrich auch. Die wissen doch, wie es ohne mich geht. Und Max allein war es bisher auch nicht, der das alles meisterte. Nur im Team. Immer! Auch meine Devise. Ganz klar!

Wütend stapfe ich weiter. Da ist das Schloss. Die Bilder liegen in der Akte. Nun also die Woitsach. Das wäre es doch. Aber nein. Mir fällt dieses alte Gebäude zwischen Schloss und Kapelle auf. Wie meinte Max in seinem Bericht? Alter Stall oder alte Scheune? Könnte hinkommen. Und abgesperrt ist das auch noch alles.
Mühsam zwänge ich mich zwischen zwei der Bauzäune hindurch. Ich weiß, wenn mir jetzt was passiert… da tritt kein Versicherungsschutz ein. Aber… nun ja… sieht auch nicht so aus, als wenn sich die Kollegen schon für das hier interessiert hätten. Wohl eher für die sanierten Teile dahinter. Da hat einer ein altes Gesindehaus zum Wohnhaus umgestaltet. Toll! Aber das hilft mir jetzt auch nicht weiter. Ich telefoniere mit Sonja, ehe ich weiter hineingehe.
„Nein, die Befragungen wollten wir noch nicht durchführen. Wehner meinte, Du würdest dann schon wissen, ob das notwendig ist. So ein kleines Nest… da kann es schnell zu…“
Hahaha! Ich bin noch mehr sauer. Zumal gerade auch noch der Regen so richtig anfängt. Platsch, tropf… nein, nicht immer gut. Manchmal mag ich das ja. Aber nicht heute!
„Gebt die Weisung raus. Gibt es inzwischen ein besseres Bild von Lehndorff?“ Friedrich hat eines. Vom Reisepass. Der ist erst zwei Jahre alt. Und seine Frau?
„Hat sich nicht gemeldet darum. Überhaupt nicht, soviel ich weiß. Aber morgen hast Du sie hier. Sie lässt sich in Düsseldorf abholen. Hat da wohl eine… wie sagte sie? Ist mir entfallen. Eben ein Meeting. Und weil wir etwas wollen, sollen wir sie holen!“
Verkehrte Welt, oder? Ihr Mann ist weg. Wir suchen ihn. Und sie lässt sich einladen? Na, die soll mir kommen!
„Sag ihr, sie soll private Fotos mitbringen. Jede Menge. Mit ihr und ihm, möglichst auch zusammen drauf!“ Ja, ich sehe Sonjas besorgten Blick. Kann sie nicht einordnen. Aber diese Frau, ich kenne sie nicht, aber die tut nichts dafür, damit wir schneller und besser suchen können? Das ist auf jeden Fall nicht in Ordnung. Und auch erst recht nicht verständlich.
Ich schlucke. Wenn Petra so mit mir… über mich… für mich… eben so wäre, dann… ja, was dann? Wen würde es stören? Könnte ich es überhaupt erfahren, ja nur erahnen? Nein, natürlich nicht. Wie auch?
Ich komme aus dem Schlucken nicht heraus.
Gerade geht einer der Beamten hinüber zum Schloss… will gehen, sieht mich und schlägt fast die Hände über dem Kopf zusammen.
„Aber… Herr Polizeichef… das ist doch gefährlich!“
Ich rufe ihm zu, dass er mir eine Lampe und einen Helm besorgen soll… und mich nach Möglichkeit auch begleiten kann. Er rennt zurück zum Einsatzwagen. Wenn ich Glück habe und die alles ordentlich an Bord halten, dann bekomme ich, was ich brauche, in ein paar Minuten. Und allein brauche ich dann auch nicht zu gehen.
Vorteile?
Nun, zumindest bekomme ich nur Hinweise. Verbieten wird mir wohl niemand etwas. Also warten. Ich schaue mir dabei die Fassade des heruntergekommenen Hauses… oder was auch immer das mal war… an. Alt auf jeden Fall. Sicher nicht so alt wie das Schloss… wenn ich den Akten trauen kann. Aber alt genug, um auch noch das eine oder andere Geheimnis zu bergen. Nun gut, warum denn nicht? Geheimnisse halten das Leben locker!
Da kommt er. Hat wirklich nicht nur einen gelben Helm auf dem Kopf, sondern noch einen in der Hand. Und die Lampen. Na, dann wissen die Kollegen auch Bescheid und wir können ohne Furcht, ganz vergessen zu werden, da hineingehen. Zumindest wenn der da, der einiges dicker ist als ich, durch die Zaunlücke passt.
Glück gehabt. Er ist drüben. Drinnen eher. Eben auf meiner Seite des Zaunes. Und nun? Hinein!
Eine Tür? Die brauchten wir nicht, denn jede Öffnung war irgendwie auch wirklich offen und zugänglich. Natürlich schien man in den vergangenen Jahrzehnten hin und wieder versucht zu haben, die wilden Besucher durch Sperrholz oder Drahtgeflechte abzuhalten. Aber irgendwann gab man dies wohl doch auf und fügte sich dem unendlichen Drang des Menschen, alles Unerforschte zu erforschen. Zumindest nahm man seine Kennzeichnungspflicht ernst und wies auf die Gefahren hin.
Ich notierte… zu klären ist auch noch, wem das ganze Anwesen gehört. Dem Freistaat? Vielleicht hat der auch nur das Schloss und den Park da direkt drum herum? Na, da konnte ich jetzt spekulieren, wie ich wollte… ohne die Unterlagen bekam ich das nicht heraus.
„Wollen Sie da wirklich hinein?“ Gellert, der Name stand zumindest auf seiner Uniform, machte ein missmutiges und auch ein wenig ängstliches Gesicht. Na, nicht Jeder ist der große Forscher. Und ich selbst sehe mir lieber schon von anderen gesicherte Objekte an. Aber na ja. Ich zerstreute seine Bedenken trotzdem. Die Gerechtigkeit braucht jetzt diese Begehung. Und wenn wir nichts weiter fanden, vielleicht auch eine ordentliche Staubschicht im Innern darauf hindeuten sollte, dass da schon ewig niemand mehr war, dann konnten wir das weitere Eindringen auch gut und gerne abbrechen. Nahm ich an und sagte es ihm auch. Er war darum nicht gerade glücklicher, aber doch mutvoller. Sagt man das so? Glaube ich zumindest.


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Siebeneichen: Turm der Vergessenen