„Nebel“ von Stefan Jahnke




Wirtschaftsthriller
Paperback,
308 Seiten
Books on Demand, Norderstedt
September 2010
ISBN 978-3-8423-2832-7


„Papa, muss der Onkel da so lange schlafen?“ Kommissar Krumbachs Sohn entdeckt 2010 in der Ruine der Lößnitzburg in Radebeul-Lindenau die Leiche von Helmuth Losser, ehemaliger Betreiber des ‚Club Rendezvous' in den Nachwendejahren. Gift… Mord oder Selbstmord? Haben die damalige Pleite, ein alter Pfarrer oder das mysteriöse Verschwinden eines Rentnerpaares in der Gartenanlage unterhalb der alten Gaststätte damit zu tun? Wirtschafts- und Mordermittlungen von Conradi und Krumbach offenbaren verschiedene Vergehen, führen zu Lossers ehemaligem Sekretär und zeigen Verbindungen zum russischen FSB, zu einem geflohenen Vorbesitzer und chinesischen Industriellen auf. Kann eine bisher nicht geklärte Zusammenarbeit zwischen Nazis und NKWD bei der Suche nach einer ultimativen Wertanlage der Schlüssel zur Lösung sein? Endete diese wirklich 1945? Wieso wurde 1992 einem Mordgeständnis nicht nachgegangen und warum lebt der angebliche Mörder seither unbehelligt im nahen Weinböhla? Spannung pur mit einem weiteren Wirtschaftsthriller von Stefan Jahnke.



Leseprobe

Kapitel 2 - Liebesnebel (Auszug)

"Nun, Reiner, dann musst Du eben doch nach Deutschland und die Sache für uns regeln. Du hast die ganzen Jahre genügend Geld bekommen für nichts, wolltest uns sagen, dass alles sicher wäre. Aber ansonsten? Nichts stimmte… und Du weißt, wie meine Freunde mit Leuten umgehen müssen, die nicht das Rechte tun!"
Ich… nach Deutschland?
Die Ludmilla hat schon eine ungewöhnliche Art zum Danke sagen. Immerhin habe ich ihr den Losser ausfindig gemacht, ihm gehörig Angst eingejagt und ihr auch noch einige Euro besorgt, die ihr angeblich zustanden, die ihr alter Lover aber einfach nicht zahlen wollte. Dabei hatte sie doch mit beiden was… irgendwann… gemeinsam!
Tot und Teufel. Wenn mich der Helmuth erwischt, dann kann ich mein bisschen Leben abschreiben. Und sein Vater… nun ja… Aber gut. Wenn sie es will, dann fahre ich eben.
Genau beobachtet hat sie mein Gesicht. Jetzt grinst sie mich an, kommt näher, tätschelt mir meine linke Wange. Wie ich das hasse… sie ist viel älter als ich, sieht auch aus wie eine abgetakelte Fregatte und will sich immer wie das größte Sexsymbol aufbauen. Manchmal hasse ich den Gedanken, der mich vor Jahren in ihre Arme trieb… nein, nicht so, eben als Mitarbeiter.
'Agentur für Handel mit Russland sucht Geschäftsmann mit guten Kenntnissen in Deutsch und Russisch. Sportliche Erscheinung wird bevorzugt.' Das klang damals nach einem Inkassounternehmen. Andererseits nahm ich auch an, dass die Geschäfte bei den Russen nicht immer ohne ein wenig Gewalt abgehen… Wodka und Faulenzerei… das sagt man den Kerlen nach. Und die Weiber…
Aber die Ludmilla kommt nicht aus Moskau. Nicht einmal aus dem wirklichen Russland. Ist Ukrainerin. Und ich habe nun eben diesen Job, muss tun, was sie will. Gut. Nicht schlecht… aber jetzt…
Losser… wie ich diesen Namen hasse! Diese Familie kostete mich nicht nur meinen linken kleinen Finger, sondern fast auch noch das rechte Auge… und damit ganz knapp fast mein Leben!
Ich nicke ihr zu, sehe, dass sie endlich wieder etwas Vertrauen zu mir fasst, auch Oleg und Pawel mit einem Wink zu verstehen gibt, dass ich nicht weiter zu den Störenfrieden zähle, und gehe in die recht heiße Moskauer Nacht.
Irgendwie läuft gerade alles aus dem Ruder. Nicht nur, dass Ludmilla frei dreht und auch noch jemanden nach Deutschland schickte, der die dortigen Geschäfte schützen solle, aber dazu wohl, aus was für Gründen auch immer, nicht in der Lage war und nun ich hinterher soll, um alles, was der da in seinem Dilettantismus vergeigte, wieder irgendwie zu richten. Nein, die ganze Gegend ist in Aufruhr und man sieht selbst am Tage kaum die Hand vor Augen. Was stand gestern in der Presse? Nebra… diese komische Himmelsscheibe… die sollen die Leute damals irgendwann in grauer Vorzeit vergraben haben, weil sie die Sonne nach dem Vulkanausbruch auf Terra nicht mehr sehen konnten und das Ding damit keinen Wert mehr für sie darstellte. Na, weit sind wir nicht davon weg. Erst diese verrückte Vulkanasche von Island und nun die Waldbrände rund um Moskau. Eigentlich kann ich doch froh sein, wenn ich wegkomme. Jetzt, wo die Wälder um Tschernobyl und auch noch bei anderen Atomanlagen brennen. Weit weg… lieber gar bis nach Amerika sollte ich… Aber dahin liefert Ludmilla nicht mehr. Das Gebiet gehört ihrem größten Widersacher. Zum Glück für mich konnte sie sich mit ihm einigen. Ohne Losser hineinzuziehen… zumindest nicht in das Geschäft. Aber vielleicht sollte man sich bei Markewitsch bewerben… Der ist sicher an… nun ja, loyal bin ich dann wohl nicht mehr, weil ich Ludmilla aufgebe. Blödes Spiel. Aber gut. Wenn es irgendwie nützt…
Raus… und doch nicht raus. Es stinkt fürchterlich und ich habe immer den Eindruck, dass sich mir die Kehle zuschnürt. Einige Tage lang haben die sogar Scheremetjewo zugemacht, weil die sich nicht trauten, trotz des ganzen Radars und der vielen Leitstrahlen bei dieser Luft zu starten und zu landen. Unding… hätte es unter den Kommunisten nicht gegeben… ein paar Wodka und jeder Pilot wäre hoch gegangen.
Nach Hause. Ich gehe die breite Allee entlang, sehe ein paar Pärchen, die die Zeit nutzen, um sich gleich in einer völlig menschenleer wirkenden Grünanlage zu lieben. Ja, man weiß, was man mit diesem Wetter anfangen kann. Aber ich will nur weg. Und morgen… das Ticket hat mir Ludmilla noch in die Hand gedrückt. Mein Pass ist gültig und als Deutscher darf ich natürlich jederzeit nach Deutschland zurück. Soll ich noch etwas mitnehmen? Da ist sie immer erfinderisch… und für Überraschungen gut. Spätestens, wenn ich im Flieger sitze, werde ich wissen, ob sie mir etwas mitzugeben hatte.
Komme ich zurück? Keine Ahnung… aber ich nehme lieber alles mit mir, was ich noch brauchen kann. Gerade bei Ludmilla und den Russen weiß man nie… Und wenn dann noch Kolnikow… Na ja!


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Nebel