„Hellassurvival“ von Stefan Jahnke
Reiseerzählung
Paperback,
308 Seiten
Books on Demand, Norderstedt
Oktober 2009
ISBN 978-3-8370-3648-0
1992.
Im ehemaligen Jugoslawien führen Kroaten, Serben und Bosniaken einen verheerenden Bürgerkrieg mit Massenmord und Vertreibung. Genau in jenem Gebiet, das als Transferland für Griechenlandurlauber bekannt und beliebt ist.
Da auf der Ausweichroute über Bari in Italien schon das Chaos bei der Abfertigung herrscht, schickt ein Ostdeutsches Reiseunternehmen den nagelneuen Bus mit einer Reisegruppe aus Dresden über die klassische Route, nahe an den Kampfgebieten vorbei und mitten durch Serbien, ins Land der Götter.
Die Reisenden wollen auf diese erste große Reise nach der Wende nicht verzichten, spüren aber, dass selbst Fahrer Matthias nicht nur vor der weiten und unbekannten Route Angst hat.
Die Fahrt beginnt und bald schon stehen Männer mit entsicherten Kalaschnikows im Bus, die ihre Pässe einsammeln und sie an der Weiterfahrt hindern. Flüchtlingstrecks blockieren die Autobahn und in der Nacht sehen die verängstigten Reisenden die Lichter vom Angriff auf den Flughafen Sarajewo.
Werden die Dresdner Griechenland erreichen, die antiken Stätten sehen und jemals nach Deutschland zurückkehren?
Spannender Bericht einer wahren Reise mitten durch den Krieg.
Kapitel 1 - Bruderstaaten und Kriegsgebiet (Auszug)
...
Irgendwo bei Szeged, also schon gut 860 Kilometer von Dresden entfernt, machten wir Pause, denn nun lag sie fast vor uns, die Grenze zu Serbien. Matthias und Jochen tankten den Bus voll.
Mein Gott… irgendwie wurde es uns schon ganz schön schwummrig in der Magengegend. Was würde uns denn in Serbien erwarten?
Zumindest hatten die Ungarn eine ganze Menge Militär in der Grenznähe postiert und wir sahen auch jetzt bei Szeged schon einige Konvois in unsere Richtung fahren.
Hatte sich da etwa noch mehr ereignet? Dachte man hier, dass dieser neuerliche Krieg im Nachbarland nun auch noch mehr auf Kroatien und vielleicht danach auf den Nachbarn Ungarn übergreifen würde? Immerhin wäre es ja nicht das erste Mal in der Geschichte der Kriege, dass ein Anstifter gleich versucht, alles, was ihn so stört, mit einem Male zu bereinigen. Und Ungarn war ein gutes Land…
Aber sicher lag ich mit meinen Überlegungen falsch und hoffte darauf, dass wir nun bald an der Grenze ankommen und ohne viele Probleme hinüber fahren werden.
Ich legte mich zurück und schlief ein wenig.
Später bemerkte ich gar nicht, dass der Bus hielt. Erst zwei Stunden später, als ich mal zur Toilette musste, da sah ich, das um uns herum alles stand. Und kaum ein Licht war zu sehen.
Klar. Es war ja Nacht. Aber trotzdem…
Ich sah, dass es ein paar Masten gab. Vielleicht Straßenlaternen, Peitschenlampen, Scheinwerfertürme? Keine Ahnung.
Zumindest war all das aus und das einzige Licht kam von weit vor uns, wo ein hell erleuchteter Platz verriet, dass dort wohl Kontrollen stattfanden. Von wem? Nun, vielleicht erst einmal von den Ungarn, denn immerhin wollten die doch sicher verhindern, dass noch mehr Waffen nach da drüben geschmuggelt werden. Und dass es die in Ungarn… wenn auch unter der Hand… zu kaufen gab, das wusste man nun schon recht gut aus der Presse. Immerhin sorgte man ja dafür, die alten Überbestände aus den Zeiten des Warschauer Paktes loszubekommen. Und das konnte dauern!
Weitere zwei Stunden später rollte der Bus an.
Ich hatte geschlafen und verließ mich auf meine Uhr, die mir meine Oma damals zur Jugendweihe aus dem Westen mitbrachte. Und die hatte mich noch nie im Stich gelassen. Noch nie!
23:30 Uhr.
Wir standen schon wieder. Wenn nun auch direkt auf dem beleuchteten Platz, der wirklich den Ungarn gehörte.
Ein Grenzbeamter kam in den Bus, verglich erst die von Matthias eingesammelten Pässe mit der Passagierliste, dann die Bilder in den Pässen mit uns. Ein Reisender musste dabei seine Brille abnehmen. Klar. Das Bild im Pass war ohne diese aufgenommen!
Ansonsten war nichts weiter zu bemerken. Nur sah ich schon vorn durch das Fahrerfenster, dass hinter dem Grenzstreifen da vor uns viele Rücklichter standen.
Ging es dort also doch nicht so problemlos weiter wie ich erst gedacht hatte? Vielleicht!
Erst einmal wurden aber auch noch die Gepäckfächer gecheckt…
Kurz. Ähnlich wie an der Grenze nach Ungarn hinein.
War vielleicht inzwischen wegen des nahen Krieges in Ungarn überhaupt üblich? Wahrscheinlich!
Und nachdem Matthias die Pässe wieder als einen einzigen Stapel ausgehändigt bekommen hatte, konnte Jochen losfahren… am offenen Schlagbaum vorbei, durch das weit offen stehende Tor aus Ungarn hinaus und hinten an die nun folgende Schlange heran.
Dieses Mal sah man kein Licht voraus. Lag sicher daran, dass die Straße einen Bogen zu machen schien. Da würde es wohl auch irgendwo eine Grenzstation geben.
Wenn wir die sehen, dann wird es sicher nicht mehr weit sein bis nach Serbien hinein. Nehme ich an!
Stunden vergingen.
2:15 Uhr.
Wir sahen ein Licht. So weit wie das weg zu sein schien musste es noch gut ein Kilometer bis dahin sein.
Ich legte mich auf den Nachbarsitz und deckte mich mit meiner Jacke zu. Wenn wir schon stehen und nichts passiert, dann kann ich auch schlafen! Und das tat ich.
3:45 Uhr.
Der Bus steht jetzt näher an diesem Lichtfleck.
Matthias weckt uns alle:
„Da kommt eine Gruppe von Grenzern. Werden Sie bitte wach und setzen sich aufrecht hin. Halten Sie Ihre Pässe bereit!“
Die gab er uns jetzt aus.
Woher wusste er denn, dass wir die selbst vorzuzeigen hatten?
Keine Ahnung. Aber mir wurde schon etwas flau im Magen!
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Hellassurvival: Bus Dresden-Belgrad-Athen