"Unsere liebenswerte Familie - Teil 2 " von Bianka Kitzke



Cover familie
...Rette einen Punk... (2. Teil der Familientrilogie)


Liebesroman
Taschenbuch
215 Seiten
AAVAA- Verlag
ISBN: 978-3-8459-0766-6



Charlie trifft beim Shoppen in der Fußgängerzone zufällig auf Mareike, die ihn freundlich um eine Zigarette anschnorrt. Ihre Blicke treffen sich nur kurz, doch in Charlie lösen ihre Augen eine Reaktion aus, die er vorher nie kannte.

Für Charlie ist es Liebe auf den ersten Blick - doch Mareike war nicht wie alle anderen Frauen mit denen er bisher ausgegangen war. Sie war anders!  Doch das war das faszinierende an ihr. Charlie wusste, dass er sie wieder sehen muss. Doch leichter gesagt als getan - denn Mareike war schwer aufzufinden.

Aber was würde seine Familie sagen, wenn er mit ihr aufkreuzte? Immerhin war sie ein Punk!





Leseprobe

Charles Baxter, genannt Charlie, gut aussehend, wohlhabend, und der jüngste Spross des Baxter Familienclans schritt zielstrebig mit dem Rechtsbeistand seines Vaters Edward aus dem Gefängnisgebäude. Sein Vater saß seit geraumer Zeit dort in einer Zelle, die kaum größer war als das Badezimmer einer billigen Absteige, ein. Ihm wurde zum Vorwurf gemacht er hätte Nora, die neue Frau seines Bruders Christopher, sexuell belästigt und versucht hätte sie zu ermorden. Charlie war es damals der Nora im Park fand, als sie bereits am Rande des Todes stand, und sie in Sicherheit brachte. Seine Brüder konnten es zuerst nicht fassen, war ihr Vater doch immer so ein ruhiger Mensch gewesen. Dass ihre Kindheit nicht das A und O war, war bekannt und doch hatte es ihnen an nichts gemangelt, außer der Liebe ihrer Eltern vielleicht. Dass sich ihr Vater lieber ein Mädchen gewünscht hatte als drei Jungs kam, im Nachhinein und erst viele Jahre später ans Licht.Welcher Vater wünschte sich nicht sehnlichst einen Stammhalter, dachte sich Charlie immer wieder. Doch als seine Mutter ihm die Geschichte erzählte, dass ihr Vater, nachdem Chris geboren war, noch ein Mädchen wollte und auch beim zweiten und dritten Kind wieder nur Jungs rauskamen, da wusste er warum ihr Vater sie nicht so sehr liebte. Weil sie keine Mädchen waren! Doch er war immer ein guter Ehemann, ein guter Vater und ein liebevoller Großvater gewesen. Die Familie stand immer an erster Stelle. Bis zu seinem Ausrutscher, der ihn ins Gefängnis brachte. Auf seinem PC fand die Polizei während der Ermittlung gegen Edward, wegen der Vergewaltigung an einer jungen Frau - die im Übrigen aussah wie Nora - Bilder, Adressen von pornografischen Seiten und weiß der Geier was noch alles. Alles, was dann schließlich zur Verurteilung und Gefängnis geführt hat. Edward war zwischenzeitlich auch einmal mit einem Mithäftling aus dem Gefängnis ausgebrochen. Dies war aber eher unfreiwillig als alles andere geschehen.Er hatte Hilfe bei seinen Söhnen gesucht, als er merkte, dass etwas nicht mit ihm stimmte. Charlie und sein Bruder Conrad konnten sich zwar nicht sehr damit arrangieren, dass sie ihrem Vater helfen sollten, aber immerhin war er ihr Vater. Ebenso verstanden sie ihren Bruder Chris nicht … gerade er müsste doch den größten Hass auf seinen Vater haben. Immerhin hatte Edward in der Vergangenheit schon ein Verhältnis mit Christophers erster Frau Danielle gehabt und wollte nun auch an Nora ran. Doch trotz allem – Chris stand plötzlich hinter seinem Vater, auch wenn es ihm schwerfiel. Den Mithäftling fand man nach Tagen auch, allerdings war dieser nicht mehr am Leben. Er hatte sich mit der Spritze, die er beim Ausbruch benutzt und Edward an den Hals gehalten hatte, dem goldenen Schuss gesetzt. Den Stoff dafür hatte er von einem alten Dealer bekommen, den er aufgesuchte, nachdem er Edward sich selber überlassen hatte. Chris nahm sich Edward an und brachte ihn wieder zurück in die JVA, wo sich Edward dann einem Test durch einen Lügendetektor unterzog. Edward hatte immer behauptet er wolle Nora nix Böses, doch die Tatsachen sprachen allerdings gegen ihn. Der Test, der noch am selbigen Tag gemacht wurde, sagte schließlich dann aus, dass Edward wirklich die Wahrheit gesagt hatte. Er wollte Nora wirklich nichts Böses. Das ärztliche Gutachten, das noch zur Sicherheit durchgeführt wurde, bestätigte endgültig die Aussage. Edward stand bei dem Überfall auf Nora unter Drogeneinfluss. Was zur Folge hatte, dass er sein geistiges und körperliches Tun nicht mehr unter Kontrolle hatte. Die Menge, die Edward in seinem Körper hatte war zwar nicht viel, aber es reichte aus um ihn desorientiert und verwirrt zu machen.
„Herr Baxter, so wie es im Moment aussieht, wird die Staatsanwaltschaft, einen weiteren Prozess in Betracht ziehen, und was dann dabei rauskommt, wissen wir nicht. Ihr Vater kann freigesprochen werden, die Strafe kann gemindert werden oder, was wir nicht hoffen, er wird für längere Zeit verurteilt“.
„Aber mein Vater hat doch gestanden. Er hat Nora nichts getan. Und der Test hat es doch bewiesen, dass er neben sich stand“.
„Machen Sie sich keine Gedanken. Sie werden sehen, der Richter trifft die richtige Entscheidung. Jetzt müssen wir nur noch abwarten, wann dieser Prozess dann stattfindet“.
„Ja“, sagte Charlie und holte seinen Wagenschlüssel aus der Tasche seiner Jeansjacke „Sie rufen uns an, wenn Sie etwas Näheres wissen?“, fragte Charlie noch, und als der Anwalt zustimmte, verabschiedeten sie sich und jeder ging seines Weges. Charlie setzte sich in seinen Wagen, den er sich gekauft hatte, und steckte den Schlüssel ins Schloss. Eigentlich hätte er nun im Irak eine Reportage machen sollen, doch stattdessen saß er nun hier. Charlie war Reporter mit Leib und Seele, und wenn er die große Story witterte, hielt ihn nichts und niemand mehr auf. Mittlerweile lebte er nun schon seit einiger Zeit wieder zu Hause. Er war gerade wieder von einem Job aus Afghanistan nach Hause gekommen, als er durch Zufall erfuhr, dass seine Schwägerin Danielle tödlich verunglückt war und sein Bruder nun mithilfe eines Kindermädchens seine Kinder erzog. Den wahren Grund für seine Heimkehr, der nicht aus Heimaturlaub bestand, und im Grunde als Flucht zu bezeichnen war, verschwieg er. Charlie wusste, dass die Familie hinter ihm gestanden hätte, wenn er ihnen erzählt hätte, warum er wieder nach Hause gekommen war. Doch als er von Danielles Tod erfuhr und seine Nichten ansah, hielt er es für besser Stillschweigen über Colette und das Baby zu behalten. Er wollte warten bis Chris wieder Fuß gefasst hatte, und dann wieder verschwinden. Doch dann wurde sein Vater verhaftet und Charlie beschloss, in der Stadt zu bleiben. In der Nähe seiner Familie. Gerade als er den Wagen gestartet hatte und vom Parkplatz fahren wollte, musste er stark auf die Bremse drücken. Wie aus dem nichts rannte plötzlich ein junges Mädel, mit blauen Haaren, einem karierten Rock, - der unterhalb ihres Hinterns aufhörte - Stiefeln, - die einem Mann auch passen könnten, und einem viel zu engen Shirt, vor seinen Wagen.
„Boa, du Penner, kannst du nicht schauen, wo du mit deiner Karre hinfährst. Boa, du blöder Sack!“, brüllte das Mädel und schlug mit ihren Händen auf die Motorhaube.
Charlie hatte sein Fenster unten und so konnte er rausbrüllen.
„Hallo! Pass doch du besser auf“.
Das Mädel zeigte ihm noch den Stinkfinger und rannte weiter.
„Nicht zu fassen, die Jugend von heute“, maulte Charlie noch und fuhr dann vorsichtig weiter.
Charlie fuhr nach diesem Zwischenfall in die Stadt. Falls der Prozess in den nächsten Tagen stattfand, brauchte er noch einen Anzug, oder zumindest ein Sakko. Da Charlie ja nie auf Festlichkeiten war und er keinen Job hatte, bei dem das Tragen eines Anzugs Pflicht sei oder zumindest angebracht wäre, hatte er so etwas auch nicht. Vielleicht sollte er doch lieber warten, und mit seinem Bruder Chris, der Inhaber einer großen Firma war und ständig Anzüge trug, her kommen. Ach was sollte das? Charlie war alt genug, er konnte auch allein einen Anzug kaufen, glaubte zumindest er. Das Resultat war, dass er nach einer Stunde in dem Geschäft für Herrenausstattung aufgab und sich auf den Weg zu seinem Bruder machte.
„Charlie? Was machst du denn hier? Ich dachte du bist bei einer Auslandsreportage?“, fragte Nora, als sie nach seinem Klingeln die Tür geöffnet hatte.
„Hallo Nora. Nein! Doch eigentlich schon … aber, ich habe mich gegen den Job entschieden. Ich kann …“. Fast wäre ihm herausgerutscht, dass er nicht mehr ins Krisengebiet wo Krieg, Hunger, und Angst herrschte konnte. Dass er stets an seine tote Freundin und das ungeborene Kind denken musste. Doch zum Glück hatte er noch mal die Kurve bekommen. „Ähm … Wenn ich Glück habe, bekomme ich vielleicht einen Job bei der Zeitung … mal sehen“.
„Nicht grad das, was du dir vorstellst. Oder?“.
„Ach was soll´s. Solange Vater noch im Knast sitzt, bleibe ich erst mal im Lande und dann sieht man weiter. Vielleicht ergibt es sich später wieder was, wo man mich benötigt“.
„Komm rein. Chris ist im Wohnzimmer und tobt mit Emily rum“.
„Danke“, antwortete Charlie und trat an Nora vorbei ins Haus.
Sein Bruder lag auf dem Fußboden und kitzelte seine jüngste Tochter. Emily quickte fröhlich vor sich hin und gab auch keine Ruhe, nachdem Chris aufgehört hatte. Doch als sie Charlie entdeckte, war ihr Vater totale Nebensache.
„Onkel Charlie!“, rief die Kleine und rannte auf ihren Onkel zu, der sie sofort in seine Arme hob.
„Hallo Mäuschen. Na wie geht es dir du Krümmelmonster?“. Emily lachte, als er sich krabbelt, und schmiegte sich dann an ihren Onkel.
„Du riechst gut Onkel Charlie“.
„Danke … du auch“, antwortete ihr Charlie, worauf Emily ein Kichern von sich gab und sich noch enger an ihn kuschelte.
„Charlie? Was führt dich her?“, fragte Chris und stand vom Boden auf. Charlie stellte Emily wieder auf den Boden und ging hinter seinem Bruder in die Küche, wo Nora daran war, Gemüse für das Essen zu schälen. Chris stellte sich hinter seine Frau und küsste ihr den Hals.
„Ähm, ich bräuchte da mal deine Hilfe. Ich benötige einen Anzug“, sagte er, doch er hatte den Eindruck sein Bruder hörte ihm irgendwie nicht zu. Dieser war viel zu sehr mit Noras Hals beschäftigt und seine Hand wanderte sehr verdächtig über ihre Taille in Richtung ihres Hinterns. „Halllooo! Ich bin noch hier …“.
„Entschuldige, aber ich bin dieser Frau einfach verfallen“.
„Jaja. Kannst du mir nun helfen oder nicht?“
„Bei was?“
„Hör doch zu … ich benötige einen Anzug. Und ich möchte, dass du ihn mit mir kaufst. Du kennst dich aus. Du trägst doch ständig einen. Mich wundert es eh , dass du heute keinen anhast“.
„Vielleicht weil ich am Wochenende nie einen trage! Und da heute Freitag ist, ich zu Hause bin … also kein Anzug. Ähm, was ist denn mit dem Anzug, den du bei unserer Hochzeit anhattest?“
Charlie konnte es nicht fassen. Anstatt dass sein Bruder einfach nur sagte, dass er mit ihm gehen würde, stellte er einfach nur blöde Fragen. Charlie hatte den Anzug, den er bei Chris und Noras Hochzeit getragen hatte, geliehen und ihn gleich am nächsten Tag wieder zurück gebracht. Nora war damals als das Kindermädchen zu Chris gekommen, der nach dem Tod seiner ersten Frau, die sich das Leben nahm, allein für die Kinder sorgen musste. Schnell hatten sich die beiden ineinander verliebt und sich als Paar geoutet. Nach zwei Trennungen, und vielen Turbulenzen, haben sie dann aber eingesehen, dass sie ohne den anderen nicht leben konnten, und beschlossen zu heiraten. Mittlerweile hatten auch Noras Bruder Joshua und Chris ihre beiden Firmen fusioniert und nun wieder eine Menge zu tun.
„Der war geliehen“, antwortete er genervt
„Und du willst nun, dass ich mit dir einen Anzug kaufen gehe?“
„Jupp“, antwortete Charlie
„Na schön … wenn´s sein muss! Aber nur weil du mein Bruder bist. Wir treffen uns morgen früh um … neun in der Innenstadt. Mal sehen ob wir dich in einen Anzug bekommen“, sagte Chris und sah Nora an, die lächelnd weiter ihr Gemüse schnitt.
„Na also. Warum nicht gleich so?“
Pünktlich um neun Uhr stand Charlie am anderen Morgen auf dem Parkplatz, der zur Fußgängerzone führte und wartete. Normalerweise war Chris immer derjenige, der früher dran war, als er, doch heute kam er einfach nicht in die Gänge. Charlie sah zum x-ten Mal auf seine Uhr, als er sein Handy in der Hosentasche vibrieren spürte. Kaum hatte er das Gespräch angenommen, hörte er auch schon seinen Bruder brüllen.
„Wo zum Teufel steckst du?“
„Ich steh seit einer halben Stunde hier unten auf dem Parkplatz und warte auf dich. Sag mir, wo du bist?“
„Sagte ich nicht wir, treffen uns in der Innenstadt? Also hier! Doch! Sagte ich, also … Mach, dass du deinen Arsch hier her bewegst, ich habe keinen Bock noch lange auf dich zu warten“, brüllte Chris und legte auf.
Meine Güte, dachte sich Charlie, war der mal wieder schlecht gelaunt! Er steckte sein Handy in die Hosentasche und begab sich zu den Stufen, die zur Fußgängerzone führten.
„Na endlich“, maulte Chris als Charlie um die Ecke gebogen kam „das wurde ja Zeit“.
„Na hör mal. Sollte ich hier parken. Ich dachte du kommst mit dem Auto. Woher sollte ich denn wissen … und schrei mich gefälligst nicht an. Ich bin keine Fünf mehr“.
„Ja … tut mir leid, aber ich hatte heute Morgen schon wieder so eine unangenehme Unterhaltung mit meinen Töchtern. Die beiden treiben mich noch in den Wahnsinn. Wenn Emily auch so wird in dem Alter … dann flipp ich aus. Du musst mich übrigens später mit nach Hause nehmen, Nora hat das Auto heute. Großeinkauf und dann noch … ach keine Ahnung“.
„Kein Problem. Dann lass uns mal losgehen und bis wir am Laden sind, kannst du mir ja erzählen, was dir über die Leber gelaufen ist“, lachte Charlie und schob seinen Bruder durch die Fußgängerzone.
„Also ich höre … Was ist eigentlich los?”, fragte Charlie schließlich. Er musste einfach wissen, was sein Bruder hatte, denn seine Laune wurde von Minute schlimmer.
„Ich werde zu Hause bald irre. Ständig nur Baby hier, Baby da ... Wenn wir einen Bruder haben, dann ... Es macht mich verrückt. Nora sagt zwar ich soll locker bleiben, aber das geht irgendwann nicht immer. Und heute Morgen bin ich ausgerastet. Du weißt, wie sehr ich meine Frau liebe, aber wir können auch nicht mehr machen als miteinander zu schlafen. Und ich möchte das genießen und nicht immer daran denken müssen ob wir nun ein Baby gemacht haben. Verstehst du das? Nora hat vor einiger Zeit schon die Pille abgesetzt und ich benutze keine Kondome mehr. Von daher können wir nur noch abwarten. Aber anscheinend wollen das meine Mädchen nicht verstehen. Ein Baby ist schließlich etwas, was man nicht im Katalog bestellen kann”.
Charlie hatte zwar keine Ahnung, was Chris eigentlich für ein Problem hatte, denn seine Frau und er, hatten doch selber beschlossen noch ein Baby zu bekommen und nun machte er so einen Terz. Aber wenn er nun einfach mal nickte, hatte er die Hoffnung seinem Bruder dabei geholfen, zu haben.
„Jetzt mach mal hier keine Wellen. Nora und du, ihr macht das schon, aber ich kann auch die Mädchen verstehen. Ich hätte mich damals auch über eine kleine Schwester gefreut, aber stattdessen hatte ich nur zwei große Brüder“.
„Du wolltest doch nur eine Schwester um sie an den Haaren zu ziehen und zu ärgern. Gib es doch zu“.
„Da irrst du dich. Ich wäre ihr großer Bruder gewesen und hätte sie beschützen können, wenn sie mich gebraucht hätte …“.
„… oder sie dich“, lachte Chris „so da sind wir. Lass und rein gehen, deinen Anzug kaufen und dann irgendwo ein kühles Bier trinken. Bis zum Mittag werden wir ja sicher fertig sein. Hoffe ich doch“, fügte Chris noch hinzu, ehe er das Geschäft, dicht gefolgt von Charlie betrat.
„Und wegen der Schwester … ich bin froh das wir keine hatten. Bei der Familiengeschichte im Moment“.
Charlie sah Chris erschrocken an. Aber je mehr er darüber nachdachte musste er seinem Bruder Recht geben. Von dieser Seite hatte er es noch nicht gesehen.
„Alter, ich habe deine Kohle nicht! Ich hab überhaupt keine Kohle. Nicht mal Kippen kann ich mir holen”.
„Ja klar, deshalb hast du ja auch meine Kohle geklaut um dir Kippen und was weiß ich noch alles zu besorgen”.
Mareike stand an der Wand und bekam fast keine Luft mehr, so nah stand Ronnie vor ihr. Ihr Ex verstand es einfach nicht, sie in Ruhe zu lassen. Die beiden waren schon lange befreundet. Schon in der Schule kannte man sich. Und dann als Mareike sich gegen ihre Eltern stellte und sich als Punk outete, war er an ihrer Seite. Was zur Folge hatte, dass ihr Vater sie vor die Tür setzte und Mareike, die sich seither nur noch Zombie nannte, bei Ronnie unterkam. Sie klebten täglich aneinander bis zu jenen Spannungen, in denen Ronnie sie beschuldigte, mit einem Typen aus der Clique gepennt, und ihm seine Kohle geklaut zu haben. Mareike hatte die Beziehung, die sie glaubte mit Ronnie zu haben, sofort beendet und war abgehauen. Sie war zwar traurig darüber, waren die beiden doch seit so vielen Jahren befreundet. Doch so sehr liebte sie in dann doch nicht, dass sie sich fertigmachen und bedrohen lassen musste. Mareike versuchte stets sich zu verstecken, doch jedes Mal, wenn sie glaubte, in Sicherheit zu sein, stand plötzlich wieder Ronnie vor ihr und sie bekam es wieder zu spüren, welche Kraft und Einschüchterungsvermögen er doch hatte.
„Pass auf Kleine, du siehst dich ab sofort lieber des Öfteren um. Ich werde dich im Auge behalten, und falls ich oder einer meiner Kumpels dich dabei sehen, wie du irgendwas kaufst, dann bist du dran. Klar?”
„Aber ... Moment! Ihr wollt mich beobachten?”
„Du bist ein kluges Kind”, antwortete Ronnie und tätschelte sie etwas fester auf die Wange „und jetzt hau ab”.
Das ließ sie sich kein zweites Mal sagen. So schnell die konnte rannte sie davon, während sie Ronnie und seine Schläger lachen hörte. Charlie probierte einen Anzug nach dem anderen, doch alles was die nette, wirklich attraktive, junge Verkäuferin, namens Sarah ihm brachte, gefiel ihm entweder nicht, oder es kniff und spannte. Ständig war er am Maulen und Chris musste sich schon schwer zusammennehmen, dass er seinem Bruder keine reinhauen würde, wenn er so weiter machte. Er würde sich das ganze Drama noch ein wenig ansehen und dann wäre aber definitiv Schluss mit dem Affentheater. Als die Dame ihm dann den siebten Anzug brachte, und Charlie diesen wieder nicht als den richtigen ansah, war es so weit. Chris flippte aus!
„Charles! Kauf endlich einen verdammten Anzug. Ich geh gleich am Stock, wenn du so weiter machst. Meine Nerven liegen eh schon blank. Wissen Sie was …“, sagte er schließlich zu der Verkäuferin und fischte nach den ganzen Klamotten „… packen Sie, diese drei Anzüge, diese Hemden und diese Krawatten ein. Ich habe gesehen die passen und die kneifen oder drücken auch nirgends. Mein Bruder spinnt nur!“
„Ich hätte doch mit deiner Frau gehen sollen. Die ist bestimmt nicht so …“
„Halt die Klappe … reiz mich ja nicht, mein Lieber … und nun komm. Ich habe Hunger und Durst … und möchte auch ehrlich gesagt hier raus“.
Charlie bedankte sich bei der Dame, nahm die Tüte mit den Klamotten und verließ hinter Chris das Geschäft. Nun war er um drei Anzüge reicher. Einer hätte zwar auch gereicht, aber wer weiß, wie Chris reagiert hätte, wenn Charlie ihm ins Wort gefallen wäre. Er sah ja jetzt schon aus wie ein Löwe, der seit Tagen kein Fleisch mehr bekommen hatte.
„Du bist heute aber echt unausstehlich. Bist du immer noch sauer wegen dem Mädchen?“
„Nein, es … es nervt mich einfach. Ich höre sie ständig tuscheln, ob schon ein Baby in Mamas Bauch ist. Und wenn wir zusammen im Bett sind und ich so richtig in Fahrt bin und es jeden Moment so weit ist, dass ich über meine Frau herfalle, höre ich Schritte und dann ist es rum. Ich hatte noch nie solche Angst das sie reinkommen könnten wie bisher. Ach lass uns, über was anderes reden. Ich … hey, was ist denn da los?“
Charlies Blick folgte dem seines Bruders, der zu einer kleinen Gruppe schaulustiger ging. Langsam näherten sie sich, und Charlie sah gleich darauf hin dass eine Gruppe Männer, oder wohl eher halbstarker, ein Mädchen herumschubsten. Das kann ja wohl nicht sein! Charlie konnte es noch nie mit ansehen, wenn mehrere Leute auf einen Einzelnen einschlugen. Und wenn es dann noch Typen waren, die ihre Kraft an hilflosen Frauen testeten, dann hatte er definitiv genug. Charlie drückte Chris seine Tüten in die Hand und lief los.
„Hey! Bleib hier. Das geht dich nichts an … Charlie! Charlie! … ach, du hörst ja doch nicht“, sagte Chris noch, doch sein kleiner Bruder hörte ihn nicht mehr. „Geh und lass dir die Birne weich klopfen. Sag aber nicht ich, hätte dich nicht gewarnt“, murmelte Chris und suchte nach etwas wo er sich hinsetzen konnte.



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